Die Praxis zeigt, dass sich im Zusammenhang mit dem OSS-Verfahren viele Fragen und Herausforderungen ergeben.
Für die Abgabe der OSS-Meldungen stellt sich die Frage, wann und wie Retouren zu erfassen sind, die nach dem OSS-Stichtag am 01.07.2021 anfallen, aber Lieferungen betreffen, die vor dem 01.07.2021 ausgeführt worden sind.
Wichtig: Wir sprechen im Folgenden über Retouren, wenn der Kunde die Ware zurücksendet und dafür das Entgelt erstattet bekommt. Wird lediglich Ware getauscht – z.B., weil der Kunde die falsche Größe bestellt hat – liegt ein Sachverhalt vor, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Nachfolgend erklären wir dir die steuerlichen Vorgaben und die Umsetzung bei Taxdoo im Zusammenhang mit den OSS-Meldungen.
Vorab sei gesagt: Für dich ergibt sich an dieser Stelle kein Handlungsbedarf. Wenn du aber wissen möchtest, wie die Retouren in der OSS-Meldung bei Taxdoo berücksichtigt werden, findest du hier die entsprechenden Antworten.
Welche Fälle sind betroffen?
Das, was man im Onlinehandel umgangssprachlich als Retoure oder Gutschrift bezeichnet, ist aus umsatzsteuerlicher Sicht das Rückgängigmachen einer Lieferung.
Das bedeutet, der Kunde schickt die Ware zurück, weil ihm diese nicht gefällt oder sie beschädigt ist, um sein Geld zurückzuerhalten.
Erstattet der Händler in diesen Fällen das vereinnahmte Entgelt, kann er sich auch von seinem Finanzamt die Umsatzsteuer zurückholen, soweit diese bereits abgeführt wurde. Die Lieferung wird somit umsatzsteuerlich rückgängig gemacht.
Der Umsatzsteuerrechtler spricht in diesen Fällen und anderen Fällen allgemein von der Änderung der Bemessungsgrundlage.
Wann sind Retouren zu melden?
Auch wenn die Lieferung aus umsatzsteuerlicher Sicht rückgängig gemacht wird, ist grundsätzlich keine Berichtigung der ursprünglichen Meldung, in welcher dieser Umsatz damals gemeldet wurde, vorzunehmen.
Wird die Lieferung beispielsweise im März ausgeführt und die Retoure erfolgt erst im Mai, ist keine Berichtigung der Umsatzsteuermeldung für März vorzunehmen.
Umsatzsteuerlich ist geregelt, dass diese Änderung der Bemessungsgrundlage erst für den Zeitraum zu melden ist, in dem die Retoure erfolgt ist. In dem Beispiel also in der Umsatzsteuermeldung für Mai.
OSS auch für rückgängig gemachte Fernverkäufe?
Eines ist klar: Über den OSS kannst du alle grenzüberschreitenden B2C-Lieferungen (Fernverkäufe) melden und damit auch die später rückgängig gemachten Fernverkäufe.
Wie sieht es aber mit dem folgenden Fall aus?
Du hast einem Kunden in Österreich ein Springseil verkauft. Das passierte im Juni 2021. Im Juli 2021 schickt er dir das Springseil zurück und du erstattest ihm den Kaufpreis.
Es gibt auf den ersten Blick zwei Optionen:
1. Du meldest die rückgängig gemachte Lieferung in der OSS-Meldung für das 3. Quartal 2021
2. Du meldest diese über die Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juli 2021 lokal in Österreich.
Die kurze Antwort darauf ist: Es gibt keinen unmittelbaren Gesetzeswortlaut oder eine sonstige schriftliche Stellungnahme der Finanzverwaltung (z.B. BMF-Schreiben) dazu.
Man kann den Standpunkt vertreten, dass rückgängig gemachte Lieferungen, welche die alten Versandhandelsumsätze betreffen – also Lieferungen vor dem 1. Juli 2021 betreffen – weiterhin über eine lokale Registrierung im EU-Ausland deklariert werden müssen.
Das würde bedeuten, dass Onlinehändler über mehrere Monate oder gar Jahre ihre Registrierungen im EU-Ausland aufrechterhalten müssten – zusätzlich zur OSS-Registrierung.
Diese Sichtweise widerspricht eindeutig dem Gesetzeszweck, wonach das sogenannte VAT E-Commerce Package – darin ist auch der OSS geregelt – den Compliance-Aufwand im grenzüberschreitenden Onlinehandel in der EU signifikant senken sollte, weil dieser Aufwand als größte Hürde für den elektronischen Binnenmarkt identifiziert wurde.
Fazit
Man kann bei dieser Frage zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Aus unserer Sicht ist an dieser Stelle aber über den Gesetzeszweck zu argumentieren, denn die Einführung des OSS-Verfahrens hat insbesondere den Zweck, die Besteuerung im grenzüberschreitenden Onlinehandel zu vereinfachen.
Wie berücksichtigen wir bei Taxdoo nun deine Retouren im Rahmen der OSS-Meldung?
Erfassung in der OSS-Meldung
- Fall: Retouren für Lieferungen ab dem 01.07.2021
In der OSS-Meldung gibt es einen speziellen Abschnitt zur Erfassung von "Korrekturen". Hierunter fallen auch Retouren als Änderung der Bemessungsgrundlage.
Beispiel:
Fernverkauf nach Italien in Q3/2021: 30 Euro zzgl. 6,60 EUR USt
Retoure aus Italien in Q4/2021 für die vorgenannte Lieferung aus Q3/2021: 30 Euro zzgl. 6,60 EUR USt
Die Retoure führt dazu, dass 6,60 EUR italienische USt für die Lieferung in Q3 in der OSS-Meldung in Q4 als Korrektur zu erfassen ist. Die 6,60 EUR USt werden daher im Abschnitt Korrekturen in der OSS-Meldung erfasst.
- Fall: Retouren nach dem 01.07.2021, die Lieferungen vor dem 01.07.2021 betreffen
Lieferungen, die vor dem 01.07.2021 ausgeführt wurden, sind in den lokalen Umsatzsteuermeldungen erfasst worden. Hier gibt es nun zwei Konstellationen:
- a) Die Lieferung wurde im Abgangsland versteuert, weil die Lieferschwelle im Empfangsland noch nicht überschritten war:
In diesem Fall muss die Rückgängigmachung ebenfalls in der lokalen Meldung im Abgangsland erfolgen.
Beispiel: Du hast im Juni 2021 eine B2C-Lieferung aus Deutschland nach Rumänien ausgeführt. Da du die Lieferschwelle nach Rumänien noch nicht überschritten hast, hast du diese Lieferung in Deutschland bei deinem Heimat-Finanzamt versteuert. Im September 2021 schickt dir dein Kunde die Ware zurück. Es kommt zu einer Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferung. Du kannst dir die gezahlte Umsatzsteuer dann im Rahmen der deutschen USt-VA vom Finanzamt erstatten lassen.
Üblicherweise wird es sich bei diesen Fällen um deinen Sitzstaat handeln, sodass die Meldung nicht von Taxdoo abgegeben wird, sondern direkt durch dich oder deinen Steuerberater. Die Retouren sind dann in der USt-VA enthalten.
- b) Die Lieferung wurde im Empfangsland versteuert, weil die Lieferschwelle überschritten war:
Wurde die Lieferung bisher in der lokalen Umsatzsteuervoranmeldung im Empfangsland erfasst, weil die bis zum 01.07.2021 gültige Lieferschwelle des Empfangslandes überschritten war, stellt sich die Frage, ob die Retoure nun über den OSS gemeldet werden kann. Wir sind der Auffassung: Ja.
In unserem OSS-Export werden die Retouren nach dem 01.07.2021, welche Lieferungen vor dem 01.07.2021 betreffen, demnach berücksichtigt.
Sonderfall: Retouren übersteigen Fernverkäufe
Leider sind Retouren im Onlinehandel kein Ausnahmefall. Es kann daher vorkommen, dass in einem Quartal mehr Retouren als Fernverkäufe für bestimmte Länderkombinationen auftreten werden. Daher stellt sich jetzt die Frage, wie diese Fälle berücksichtigt werden, da in der OSS-Meldung für Q3 keine Korrekturen erfasst werden können und in der OSS-Meldung auch die Angabe von negativen Umsätzen nicht möglich ist.
Beispiel:
Fernverkauf nach Italien in Q3/2021: 100 Euro zzgl. 22 Euro USt
Retoure aus Italien in Q3/2021 für eine Lieferung aus Q2/2021: 200 Euro zzgl. 44 Euro USt
Hier wird der Fernverkauf in Höhe von 100 EUR mit der Retoure verrechnet, sodass im Ergebnis in der OSS-Meldung für Q4/2021 -100 Euro als Bemessungsgrundlage und -22 Euro als Steuerbetrag erfasst werden müssten.
Hier stößt man jedoch an die Grenzen der OSS-Meldung, da negative Beträge bei den Fernverkäufen nicht erfasst werden können.
Um trotzdem die Steuererstattung über das OSS-Verfahren für dich sicherzustellen, haben wir daher eine technische Lösung implementiert. Die Retouren werden in diesen Fällen so weit mit den Fernverkäufen verrechnet, bis die zu meldenden Fernverkäufe „0“ betragen. Sind darüber hinaus Retouren vorhanden, werden diese in das nächste Quartal übertragen und dann mit den Fernverkäufen im nächsten Meldezeitraum verrechnet.
So ist sichergestellt, dass deine Steuererstattungen nicht verloren gehen.
Einen weiteren Spezialfall im Zusammenhang mit Retouren beschreiben wir dir separat in unserem Artikel Retouren mit abweichenden Steuersätzen.
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