Hintergrund
Zu Beginn des Jahres wurde bekannt, dass Amazon Lieferungen in und aus Warenlagern in EU-Mitgliedstaaten ausgeführt hat, für die vom Händler keine Autorisierung bestand. In den meisten Fällen werden Onlinehändler keine Registrierungen in den Mitgliedstaaten unterhalten, für die sie keine Warenlagerung aktiviert haben. Hieraus ergeben sich weitreichende steuerliche Folgen, wenn Händler von den unautorisierten Warenbewegungen durch Amazon betroffen sind.
Mehr zu den Hintergründen, steuerlichen Risiken und was in Bezug auf die OSS-Meldung für Q1/2023 zu beachten ist, findet Ihr in den folgenden Blogbeiträgen:
Woran erkenne ich als Taxdoo-Kunde, ob ich ebenfalls betroffen bin?
2. Steuerpflichten lt. Dashboard
Einen ersten Hinweis findet Ihr im Dashboard unter der Funktion “Übersicht”. Dort sind Eure aktuellen Steuerpflichten aufgeführt. Findet Ihr hier ein Land vor, in dem Ihr umsatzsteuerlich nicht registriert seid, solltet Ihr in jedem Fall Eure Transaktionsdaten genauer anschauen.
2. Warenbewegungen lt. Transaktionsliste
Um Einzelfälle auszuschließen, empfehlen wir Euch jedoch in jedem Fall einen Blick in die Daten. In unserer Transaktionsliste sind alle Warenbewegungen aufgeführt, die in den betreffenden Monaten durch Amazon ausgeführt wurden.
Hierbei gilt: Wurden Warenverbringungen in einen EU-Mitgliedstaat oder Warenlieferungen oder -verbringungen aus einem EU-Mitgliedstaat ausgeführt, in dem keine umsatzsteuerliche Registrierung vorliegt, könntet auch Ihr von dem globalen Fehler von Amazon betroffen sein. Eine Ausnahme hierzu bildet der Spezialfall reiner Warenbewegungen in bzw. aus einem Retourenlager (s. unten). Für alle angezeigten Warenbewegungen sollte die Spalte “taxdoo evaluation” betrachtet werden, die die umsatzsteuerliche Beurteilung anzeigt.
Exkurs: Amazon Fehler oder Kalkül?
Zu den Gründen der unautorisierten Warenbewegungen wurde seitens Amazon bisher nicht öffentlich Stellung bezogen. In wenigen Fällen haben uns Taxdoo Kunden die Information des Amazon Kundensupports mitgeteilt, nach der es sich bei den Warenbewegungen um einen bekannten Fehler handelt, der nach Aussage von Amazon inzwischen behoben wurde. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen aufgrund logistischer Optimierungen durch Amazon zu diesen Warenbewegungen kommt. Aus diesem Grund empfehlen wir jedem betroffenen Händler, für die Einzelfälle den Kontakt zu Amazon zu suchen und die Gründe für die Warenbewegungen bestätigen zu lassen. So kann eine abschließende umsatzsteuerliche Beurteilung durch Sie als Händler bzw. Ihrem Steuerberater sichergestellt werden.
Beispiel: Ein Händler nimmt am Amazon FBA Programm teil und unterhält zahlreiche umsatzsteuerliche Registrierungen in der EU. Die Warenlagerung in Italien wurde von dem Händler nicht aktiviert.
Schritt 1: Filtern der Transaktionsliste: Lieferungen nach Italien
Lieferungen nach Italien können regelmäßig im Rahmen von Verkäufen stattfinden und sind unproblematisch. Diese Verkäufe erkennt Ihr an der Spalte “taxdoo evaluation” mit den Bezeichnungen
- b2c_distance_liable_in_arrival_country_oss
- b2b_distance_vat_exempt
⚠️ Bei Lieferungen in ein Land, in dem Ihr nicht registriert seid und eine andere taxdoo evaluation angezeigt wird, solltet Ihr Euch die Sachverhalte jedoch im Einzelfall anschauen.
⚠️ Wird Euch die evaluation “b2c_distance_liable_in_departure_country” angezeigt und Spalte AV bestätigt “created from transfer”, seid Ihr sehr wahrscheinlich von einer risikobehafteten Warenbewegung betroffen.
Diese Auswertung zeigt Euch an, dass in dieses Land eine Warenverbringung (kein Verkauf) ausgeführt wurde, jedoch keine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorlag. Die Warenverbringung kann somit nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Verbringung gem. § 4 Nr. 1 lit. b) UStG i.V.m. § 6a Abs. 2 UStG evaluiert werden. Es handelt sich um eine gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG steuerpflichtige Lieferung, die im Abgangsland zu besteuern ist.
Schritt 2: Filtern der Transaktionsliste: Lieferungen aus Italien
⚠️ Werden Euch Lieferungen aus dem Mitgliedstaat, in dem Ihr nicht registriert seid, angezeigt, besteht ebenfalls eine Registrierungspflicht in dem Mitgliedstaat, wenn die Ware zuvor grenzüberschreitend in diesen Mitgliedstaat verbracht wurde.
⚠️ Sollte in dem betreffenden Monat keine Lieferung in diesen Mitgliedstaat erfolgt sein, solltet Ihr unbedingt auch die Vormonate auf entsprechende Verbringungen in den Mitgliedstaat überprüfen. Grundsätzlich empfehlen wir Euch, vor Abgabe der OSS-Meldung alle Monate zu prüfen.
3. Ausnahme: Retourenlager
In Einzelfällen können Warenbewegungen im Zusammenhang mit Retouren angezeigt werden, die nicht unmittelbar zu einer Registrierungspflicht in dem Mitgliedstaat der Retourenabwicklung führen. Bekannt ist dieses Szenario vor allem für Lieferungen in die Slowakei. Üblicherweise werden Retouren von Kunden durch Amazon in die Slowakei zur Aufbereitung verbracht und anschließend wieder in den Ausgangsmitgliedstaat verbracht. Aufgrund der vorübergehenden Verbringung in die Slowakei resultieren in diesem Fall keine umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten.
In diesen Fällen wird in der Taxdoo Transaktionsliste jedoch auch nicht die evaluation “b2c_distance_liable_in_departure_country” ausgewiesen.
Was ist zu tun?
1. Umsatzsteuerliche Würdigung der Einzelfälle
Sollte Eure Transaktionsliste Anhaltspunkte aufweisen, dass Ihr von der Amazon Problematik betroffen seid, solltet Ihr zunächst ggf. in Abstimmung mit Eurem Steuerberater die umsatzsteuerlichen Konsequenzen abstimmen.
Es empfiehlt sich, Amazon zu kontaktieren und den Grund für die Warenbewegungen zu erfragen sowie sicherzustellen, dass im Falle eines Fehlers dieser für künftige Besteuerungszeiträume ausgeräumt ist.
2. Umsatzsteuerliche Registrierungen
Sofern steuerbare Lieferungen in einem Mitgliedstaat ausgeführt wurden, kann eine Registrierungspflicht für Umsatzsteuerzwecke resultieren. Hierzu gehören insbesondere lokale Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaates sowie aus diesem Mitgliedstaat ausgeführte innergemeinschaftliche Verbringungen, für die keine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Zielland besteht.
Bitte sprecht hierzu Euren Steuerberater zur Würdigung der Einzelfälle sowie ggf. erforderlicher Handlungsempfehlung an.
3.OSS-Meldung für Q1/2023 - mögliche Fehlerquellen
Die aufgetretenen Lieferungen können auch Auswirkungen auf Eure OSS-Meldung für das erste Quartal 2023 haben.
Lieferungen an Privatpersonen in Mitgliedstaaten, in denen Ihr nicht registriert seid, können problemlos über den OSS deklariert werden. Werden diese Lieferungen jedoch aus einem Mitgliedstaat versandt, in dem Ihr nicht registriert seid, könnte es zu Fehlermeldungen bei der Übermittlung der OSS-Meldung kommen.
Änderung der Registrierungsanzeige
In der Registrierungsanzeige für das OSS-Verfahren sind alle genutzten ausländischen Warenlager als “andere Einrichtung” zu erfassen. Geschieht dies nicht, kommt es bei der Übermittlung der OSS-Meldung zu einer Fehlerausgabe seitens des BZSt. Weitere Informationen zur Erfassung anderer Einrichtungen haben wir hier für Euch zusammengestellt. Der Fehlerhinweis sowie eine Handlungsempfehlung wurde seitens des BZSt veröffentlicht (vgl. “Steuererklärung im Verfahren OSS-EU Regelung”).
Unter dem oben aufgeführten Link des BZSt finden Sie unter der ersten Fehlermeldung eine konkrete Handlungsanweisung.
Um diese Fehlermeldung zu vermeiden, können die Registrierungsdaten geändert und um die neu genutzten ausländischen Warenlager ergänzt werden. Hierzu steht ebenfalls ein Formular im BOP zur Verfügung. Bitte besprecht ggf. mit Eurem Steuerberater, ob eine Anpassung der Registrierungsdaten vorgenommen werden soll.
Angabe einer USt-ID in der OSS-Meldung
Werden Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten erfasst, ist ebenfalls eine USt-ID des Abgangslandes zu erfassen.
Da uns diese in der Regel aufgrund der fehlenden Registrierungen nicht vorliegt, enthält die von Taxdoo generierte OSS-Meldung keine Angaben hierzu. Der Upload der von Taxdoo bereitgestellten Datei ist daher erst nach Ergänzung der USt-ID in der csv-Datei möglich. Da die manuelle Anpassung der Datei weitreichende Konsequenzen haben kann, haben wir Euch einen ausführlichen Leitfaden erstellt, wie Ihr die USt-ID in der csv-Datei nach Absprache mit Eurem Steuerberater ergänzen könnt.
Exkurs: Welche USt-ID sollte ergänzt werden?
Laut dem Hinweis des Bundeszentralamts für Steuern ist die USt-ID des Lagerhalters zu ergänzen, falls (noch) keine eigene USt-ID im Abgangsland der Ware vorliegt. Somit wäre in den hier beschriebenen Fällen die jeweilige USt-ID von Amazon zu ergänzen.
Keine manuelle Anpassung der csv-Datei für Q1/2023
Schließlich möchten wir darauf hinweisen, dass grundsätzlich keine Lieferungen aus der von Taxdoo bereitgestellten csv-Datei gelöscht werden sollten. Neben steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Konsequenzen, zu denen Euch Euer Steuerberater Auskunft erteilen kann, ist eine solche Anpassung aus rein technischer Sicht kritisch. Dies ist auf den Berichtigungsmechanismus im OSS-Verfahren zurückzuführen, der in nachfolgenden Perioden auf zuvor erklärte Beträge zurückgreift. Wird eine manuelle Anpassung der in der OSS-Meldung erklärten Umsätze vorgenommen, können sich mithin Folgewirkungen in kommenden OSS-Meldungen ergeben. Sofern also Euerseits manuelle Änderungen an der OSS-Meldung vorgenommen werden,werden diese im nächsten Taxdoo OSS-Export nicht berücksichtigt.
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